Freitag, 1. April 2005

Wir Blogger

Bloggen – „Tagebücher“ im Internet, eine Verballhornung von „Web“ und „Log“
– ist in, und das schon seit geraumer Zeit. Gebloggt wird über Terri Schiavo, Konzerte, Gaspreiserhöhungen, Religion, Politik und vieles von allgemeiner
Belanglosigkeit, aber persönlichem Interesse. Blogg.de listete vorgestern 46.028 deutschsprachige Weblogs, Websites wie blog-sucher.de ermöglichen es, nach der Nadel im Heuhaufen zu suchen.

Gebloggt wird auch in und rund um Unternehmen und Organisationen. PR-Abteilungen entdecken Blogs als PR-Instrument, Mitarbeiter von Firmen schreiben offen oder verdeckt, gut und schlecht, über ihre Arbeit, Juristen und Wissenschafter über ihre Fachgebiete. Blogs bieten sowohl für persönliche als auch für berufliche Themen interessante Möglichkeiten.

Darüber rümpft die „Blogosphäre“ – die lebhafte Subkultur der „wahren“ Blogger, zwar die Nase, aber das soll niemanden am Versuch hindern.

Wie funktionieren Blogs? Im Kern ähnlich und ähnlich einfach wie Webmails: In ein Formular wird Titel und Text geschrieben (oder hineinkopiert), fertig. Dafür gibt es Gratisanbieter wie blogger.com (gehört zum Google-Reich) oder twoday.net, bei denen man ein Blog einrichtet: registrieren, ein Gestaltungsmuster aussuchen, und loslegen (es gibt auch bezahlte Dienste mit mehr Funktionen).

Blogs wie personaltools.blogspot.com oder personaltools.twoday.net anzulegen (die nur eine Sammlung dieser Kolumne enthalten, was eigentlich gegen den Charakter von Blogs ist, die zur kürzeren Form neigen) dauert weniger als eine Stunde, ein Eintrag ist in wenigen Minuten gemacht. Diese Beispiele zeigen eine Möglichkeit, Blogs beruflich zu nutzen: als eine Art „Portfolio“ eigener Arbeiten, die bei Bedarf anderen zur Verfügung gestellt werden. Die Fortführung: (Fach-) Wissen aus dem eigenen Kompetenzbereich zu aktuellen Themen zu publizieren und Kollegen und Interessierten zur Verfügung zu stellen – und selbst dabei Profil zu zeigen.

Firmen können Blogs dazu verwenden, ihre Community zu pflegen und mit Kunden oder Partnern einen Dialog zu führen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man dazu
auch innerlich bereit ist: Blogs sind keine Werbung, Werbesprüche kommen schlecht an. Zumindest ein Schuss Ironie und bei Bedarf Selbstkritik, Freizügigkeit mit Information und ein gewisser Unterhaltungsfaktor sind schon nötig, um wirklich Leser zu finden und zu
halten.

Im internen Gebrauch ist das Blogpotenzial weitgehend unerschlossen: Es kann zum Beispiel dazu genutzt werden, damit sich formelle und informelle Gruppen über ein Projekt oder ein gemeinsames Thema via Intranet (um nicht allgemein zugänglich zu sein) austauschen. Das hat gegenüber E-Mail-Verkehr einen großen Vorteil: Die laufenden Informationen sind nicht nur leicht zugänglich, sie sind auch gleich archiviert.

Wie private Blogs zeigen, sind der Fantasie wenig Grenzen gesetzt; man muss mit der Form spielen, um ihre (beruflichen) Möglichkeiten zu finden. Ein Wort der Vorsicht: Alles kann gegen Sie verwendet werden – wer ein Blog führt, muss damit rechnen, dass es auch gelesen wird.

Copyright 2005 Der Standard / Helmut Spudich

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